Der Wald vor unserer Zeit.
Die Entstehung der in Mitteleuropa vorherrschenden Laubwald- Vegetation beruht vor allem auf den Folgen der letzten Kaltzeit. Diese Kaltphase unseres Eiszeitalters zum Ende des Pleistozäns vor ca. 115.000 bis 11.700 Jahren sorgte für eine Vereisung in großen Teilen Mitteleuropas. Die Landschaft war karg und Tundren-artig. Die meisten Baumarten wurden von der Kälte in die weniger betroffenen Regionen südlich der Alpen verdrängt. Aufgrund der natürlichen Erwärmung des Klimas und dem daraus resultierendem Rückzug der Vereisung begann um 12.000 v. Jahr 0 eine Wiedereinwanderung dieser Pflanzenarten von Süd nach Nord. Die heute dominante Buchenwald-Vegetation setzte sich dabei erst in den letzten ca. 7.000 Jahren durch. (Bartsch und Röhrig, 2016)

Abbildung: Potenzielle Waldvegetation in Mitteleuropa (ohne Alpen) um das Jahr 0 (aus: Ellenberg u. Leuschner, 2010:2; verändert)
[Kie: Kiefer; Fi: Fichte; Ei: Eiche; Bu: Buche; Ta: Tanne]
Eine Dominanz der Buche ist erkennbar. An wenigen Standorten mischen sich Eichen unter. In den höheren Lagen wachsen vor allem Fichte und Tanne.
Kurzüberblick: Veränderung der Waldvegetation
Altsteinzeit/ Späteiszeit:
12.000 v.Chr. -> Baumlose Tundren
10.000 v.Chr. -> Baumarme Landschaften; Einwanderung: Birke, Kiefer
Mittelsteinzeit/ Nacheiszeit:
ab 7.500 v.Chr. -> Birken/ Kieferwälder; Einwanderung: Hasel, Eichen
Jungsteinzeit/ Mittlere Wärmezeit
um 4.000 v.Chr. -> Haselreiche Eichen-Mischwälder
Ende Bronzezeit/ Beginn Eisenzeit
um 2.000 v.Chr. -> Einwanderung: Rotbuche, Hainbuche
Eisenzeit
Etablierung der Rotbuche
Unsere Geschichte ist Teil der Geschichte des Waldes
Die letzen Jahre sind wir Menschen ein Teil der Geschichte des Waldes geworden, denn wir haben ihn stark geformt. Bereits in der Jungsteinzeit fanden Auflichtungen der Wälder statt, um Platz für Siedlungen zu schaffen. Wahrscheinlich gab es bereits um Jahr 0 kein Waldstück mehr, was unberührt vom Menschen blieb. Stetig wuchs der Siedlungsraum und der Wald wurde weiter verdrängt und kontrolliert. Holz wurde benötigt mitunter für Glashütten, Köhlereien und für Bau- und Brennholz. Zur Fütterung der Tiere entstanden Hutewälder.
Die heutige Bewirtschaftung des Waldes hat vor allem zu gleichaltrigen Monokulturen geführt z.B. große Fichtenbestände. Diese Wälder sind eher artenarm und wenig natürlich. (Ellenberg u. Leuschner 2010)
Wohin führt unser Weg ...
Ob wir auch in Zukunft Teil der Geschichte des Waldes bleiben, liegt wohl ganz an uns und unserem Umgang mit Wäldern. Denn wir können nicht ohne Wälder – Wälder aber ganz sicher ohne uns! Was das für uns bedeutet? Wir sollten uns dieser Verantwortung bewusst sein und mit Hilfe von Naturschutz und einer modernen, Natur-freundlichen Forstwirtschaft einen Weg finden. Teilweise sind hierbei schon einige tolle Projekte umgesetzt.
Waldfakten Deutschland
ca. 1/3 der Landfläche von Deutschland ist mit Wald bedeckt
30% davon sind Rotbuchen-Wälder
ca. 1,9% zeigen eine natürliche Waldentwicklung
Nachzulesen: Bundesamt für Naturschutz (2016): Daten zur Natur 2016. Neuwied: Görres-Verlag

In meiner Abschlussarbeit habe ich mich mit Pilzen als Naturnähezeigern beschäftigt und hierfür vor allem holzbewohnende Pilze untersucht.
Identifikation und Schutz naturnaher Wälder
Um schützenswerte Waldstrukturen ausfindig zu machen, werden neben Daten wie z.B. die Menge des Totholzes auch Indikatorarten verwendet. Diese geben einen Aufschluss über die Naturnähe und die Biodiversität des Waldökosystems.
Indikatorarten können Tiere, Pflanzen oder auch Pilze sein. Bei Pilzen sind es vor allem die holzbewohnenden Pilze, mit denen z.B. die Qualität von Totholz beurteilt werden kann. Ein Wald mit einem wertvollen Bestand an Totholz ist auf jeden Fall schützenswert, denn in bewirtschafteten Wäldern wird dieses häufig entfernt. Viele Tierarten, darunter zahlreiche Insekten, sind auf dieses Holz in verschiedenen Vermorschungsstadien jedoch angewiesen. Somit besteht im stehenden und liegenden Totholz zumeist eine hohe Biodiversität.
Drei Naturwald-Zeiger

Gezonter Ohrlappenpilz
Auf dem Foto siehst du einen sehr trockenen Fruchkörper. Mit seiner Vorliebe für warme Gebiete wird man diesen Pilz in naturnahen Wäldern sicherlich bald häufiger finden.

Zunderschwamm
Ein einzelner Zunderschwamm zeigt noch keine Naturnähe an. Ein großen Vorkommen an Zunderschwämmen jedoch schon. Man findet ihn also häufig in alten Wäldern. Mittlerweile ist bereits ein Rückgang dieses Pilzes erkennbar.

Rotbraune Borstenscheibe
Gar nicht so leicht zu entdecken. Dieser Pilz bevorzugt das Holz von Eichen. Dabei geht er sehr gerne an liegende Stämme und Äste.
Quellen zum Nachlesen:
Bartsch, N. und Röhrig, E. (2016): Waldökologie – Einführung für Mitteleuropa. Berlin: Springer Verlag, Springer Spektrum
Becker, V. (2021): Aufnahme lignicole Pilzarten in ausgewählten Untersuchungsgebieten im Nationalpark Kellerwald-Edersee unter besonderer Berücksichtigung weitgehender Naturnähezeiger. Bachelorarbeit Universität Kassel
Ellenberg, H. und Leuschner, C. (2010): Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen – in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht; 6. Auflage. Stuttgart: Verlag Eugen Ulmer
Küster, H. (1998): Geschichte des Waldes – Von der Urzeit bis zur Gegenwart. München: Verlag C.H.Becker
https://www.canadiangeographic.ca/article/last-stands-mapping-worlds-shrinking-forests [Stand: 28.01.2022]
https://www.sdw-rems-murr.de/mein-wald/waldgeschichte/historisch/ [Stand: 28.01.2022]