Pilze können Eis-Zuckerwatte herstellen ….

Manchmal begegnen einem im Wald rätselhafte Dinge. Diese „Wolle“ aus Eis hat vielleicht der ein oder andere auch schon einmal bei einem Spaziergang entdeckt. Das seltene Phänomen hat viele Namen – darunter Eiswolle, Engelshaar oder auch Zuckerwatte. Meistens findet man es aber unter dem Begriff: Haareis.
Aber es handelt sich weder um Haare noch um Wolle und auch nicht um Zuckerwatte. Sondern es sind dünne Fäden aus kleinsten feinen Eisnadeln. Diese können sich nur unter ganz bestimmten Bedingungen bilden.
Das Eis entsteht dabei nicht aus dem Wasser der Luft, wie man es z.B. bei Raureif an Gräsern kennt. Sondern wahrscheinlich handelt es sich um das Ergebnis von aktiven Pilzmycel (Mycel = Gesamtheit der „Pilzfäden“, den fadenförmigen Zellen des Pilzes). Der Stoffwechsel des Pilzes sorgt dafür, dass die dabei entstehenden CO2-Gase das Wasser aus dem Holz durch winzige Poren nach außen drücken. Ist es draußen besonders kalt und unter 0 °C, dann gefriert das Wasser wenn es mit der Luft in Kontakt kommt. (Wagner u. Mätzler 2008)
Dadurch, dass von Innen weiter Wasser nach außen gedrängt und quasi „nachgeschoben“ wird, wachsen die Fäden aus Eis also von der Basis aus. (Wagner 2008)

Eine weitere Spur, die auf die Pilz-Aktivität schließen lässt ist, dass im Haareis organische Stoffe gefunden wurden. Diese stammen vom Zersetzen des Holzes durch den Pilz und sorgen scheinbar für mehr Stabilität der Eisfäden. (Hofmann, Preuss und Mätzler 2015)
U.a. Wagner und Mätzler (2008) sowie Hofmann, Preuss und Mätzler (2015) haben in Experimenten geprüft, ob wirklich ein Pilz an diesem Phänomen beteiligt ist. Wurde das Holz abgekocht oder mit einem Fungizid behandelt entstand kein Haareis mehr. Wird der Pilz also abgetötet, können sich die Eisfäden nicht bilden.
Die Aktivität des Pilzes scheint also von wesentlicher Bedeutung zu sein. Was aber ganz genau dabei passiert wird noch in weiteren Untersuchungen erforscht.
Um das Phänomen zu finden brauchen wir also morsches Totholz mit Pilzmycel, kalte Lufttemperaturen und eine hohe Luftfeuchtigkeit. Am Besten findet es sich laut Wagner (2008) an schneelosen Tagen in Buchen- oder Mischwäldern.
Sicherlich wird es die nächsten Tage oder Wochen nochmal einen passenden Tag geben, um Haareis zu finden. Also auf nach draußen 🙂
Ich bin gespannt, ob ihr welches bei euch finden könnt. Lasst es mich gerne in den Kommentaren wissen.
Bis bald,
Verena
Zum Nachlesen:
Wagner, G. u. Mätzler, C. (2008): Haareis auf morschem Laubholz als biophysikalisches Phänomen. Forschungsbericht; Universität Bern, Institut für Angewandte Physik
Wagner, G. (2008): Haareis und Stängeleis – Zwei seltene winterliche Naturerscheinungen mit noch offenen Fragen; Der Gartenbau 2/2008, S. 2 f.
Wagner, G. (2005): Haareis – eine seltene winterliche Naturerscheinung. Was haben Pilze damit zu tun?; SZP/BSM 2005, S. 268-271
Hofmann, D.; Preuss, G. u. Mätzler, C. (2015): Evidence vor biological shaping of hair ice; Biogeosciences, 12, 4261-4273, 2015